Ein Triumph für die Liebe!

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Ein Kulturkampf à la française ist Deutschland erspart geblieben. Am Freitag hat der Bundestag mehrheitlich das Recht auf die Ehe auch zwischen zwei Frauen bzw. zwei Männern beschlossen. Die Homoehe ist der Heteroehe jetzt auch in Deutschland uneingeschränkt gleichgestellt (inklusive Adoptionsrecht). Das ist ein gewaltiger Schritt, der nicht nur von juristischer, sondern auch von hoher symbolischer Bedeutung ist.

Der Anstoß zum Handeln kommt ausgerechnet von einer CDU-Kanzlerin

Von nun an wird die Liebe zwischen Frauen bzw. Männern auch von rechts- und staatswegen so ernst genommen wie die Liebe zwischen Frau und Mann. Was für eine Gesellschaft keineswegs selbstverständlich ist, für die bis heute die Heterosexualität als vorrangige Norm gilt. Umso mehr ist die Unermüdlichkeit und Entschlossenheit zu bewundern, mit der der Lesben - und Schwulenverband (LSVD) und so mancheR engagierteR PoltikerIn dafür gekämpft haben. 

Dafür haben die Frauenbewegung und die Homosexuellenbewegung den Boden bereitet. Sie haben in den vergangenen 50 Jahren das Primat der patriarchalen Heterosexualität entschieden infrage gestellt und bekämpft. Im Westen. Resultat ist nicht nur die gesellschaftlich weitgehende Akzeptanz, sondern nun sogar das Recht auf die Ehe.

Im Osten hat es diesen Kampf gegen die (Zwangs)Heterosexualität nicht gegeben. Diese Ideen konnten erst nach Fall des Eisernen Vorhangs auch nach Osteuropa einsickern, also vor einem Vierteljahrhundert. Zu hoffen, dass es nicht noch ein Vierteljahrhundert dauern wird, bis auch in diesen Ländern – in denen es bisher noch nicht einmal die homosexuelle Lebenspartnerschaft gibt – ein Bewusstseinswandel stattfindet und auch die Homoehe selbstverständlich wird. Mit aller Macht zu verhindern versuchen das in Osteuropa vor allem die katholischen und christlich-orthodoxen Kräfte.

Es ist nicht ohne Komik, dass ausgerechnet die CDU-Kanzlerin den Anstoß zu diesem plötzlichen Handeln gab. Mit ihrem Satz zur „Gewissensfrage“ (beim Pro und Contra zur Homoehe) brachte sie den Stein ins Rollen. Opposition und SPD sprangen schnell auf den anfahrenden Zug. Sie scheinen sich davon, dass sie das heiße Wahlkampfthema Monate vor der Wahl vom Tisch bringen, etwas zu versprechen. Es ist nicht sicher, dass der Kalkül aufgeht. Denn schon jetzt spielen die Konservativen die Unschuldigen, tun so, als hätten nicht sie die Homoehe über Jahre verhindert. Auf die genauen Abstimmungsergebnisse dürfen wir also gespannt sein.

Als ich 1984 in EMMA erstmals für das „revolutionäre“ Recht auf die Homoehe plädierte („In einer zwangsheterosexuellen Welt ist es eine Unerhörtheit, die homosexuelle Liebe so ernst zu nehmen die die heterosexuelle“), da schlug mir noch ein Schwall von Spott und Kritik entgegen. Allen voran von engagierten Schwulen und Lesben. Denn damals galt die Ehe noch als „reaktionär“.

Und das war sie auch in der Tat. Inzwischen jedoch ist das Eherecht auch für Heterosexuelle so weitgehend reformiert worden, dass es Ehefrauen nicht mehr entrechtet. Nur das Steuerrecht benachteiligt noch die Ehefrauen: Mit der hohen Steuerklasse 5, für "Zweitverdiener", wenn beide berufstätig sind. Und mit dem Ehegattensplitting, mit dem Vater Staat nicht nur mit Milliarden die Hausfrauenehe subventioniert, sondern das auch ein Argument ist für Ehemänner, ihre Frauen an der Berufstätigkeit zu hindern, vor allem in Kombination mit der Steuerklasse 5 ("Bleibt eh nix übrig"). Totzalledem kann es heutzutage selbst für die emanzipierte, heterosexuelle Frau Gründe geben zu heiraten, so ihr danach der Sinn steht. Gerade wenn Kinder da sind, könnte die Ehe sogar ein Schutz für Frauen sein.

Anno 1984 allerdings habe selbst ich nicht daran geglaubt, dass die von mir im Kontext einer EMMA-Titelgeschichte zur "Lesbenehe" geforderte Homoehe wirklich kommen würde. Damals ließen sich die ersten Frauen von rebellischen PfarrerInnen trauen. Doch: „Ich bin sicher", hatte ich damals geschrieben, „dass diese Gesellschaft homosexuelle Frauen und Männer nie das uneingeschränkte Eherecht zugestehen wird“. Manchmal ist "die Gesellschaft“ eben doch fortschrittlicher, als befürchtet.

Die Kluft zwischen den Kulturen ist größer geworden

50 Jahre Kampf für die Akzeptanz von Homosexualiät – davon die letzten 20 Jahre auch für die Homoehe – das ist lang für ein Menschenleben, aber kurz für die Menschheitsgeschichte. In einem wahrhaft rasanten Tempo rückt der christlich geprägte Westen damit von dem Primat der „heiligen Ehe“ ab. Die Werte werden neu sortiert. Was verständlicherweise nicht allen passt, jedoch nun mehrheitlich Konsens ist. Und darüber dürfen sich nicht nur die direkt Betroffenen von Herzen freuen.

Gleichzeitig steigert das die Gefahr eines Rückschlages. Schon heute gibt es weite Regionen in der Welt – allen voran die islamischen Länder – für die Homosexualität eine der schlimmsten Sünden ist, auf die totale gesellschaftliche Ächtung bis hin zum Tod droht. Die Kluft zwischen den Kulturen ist also mit der Entscheidung für die Homoehe nicht kleiner, sondern größer geworden. Und es gehört nicht viel dazu, zu weissagen, dass diese Entscheidung die Verachtung nicht nur der schariagläubigen Muslime, also der Islamisten, gegen den „dekadenten Westen“ steigern wird. Auch fundamentalistische Christen sowie Ultrakonservative und Rechte sind wütende GegnerInnen der Akzeptanz von Homosexualität, von der Homoehe ganz zu schweigen.

Das müssen wir aushalten. Darauf können wir stolz sein. Das müssen wir verteidigen.

Alice Schwarzer

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Sie dürfen sich jetzt echt trauen

© Bettina Flitner
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1. August 2001. Vorm Regierungspräsidium in Köln weht die Regenbogenflagge, und ein Drehorgelspieler kurbelt den Hochzeitsmarsch. "Verpartnerungen? Die Treppe hoch, den Gang durch, hinten rechts", antwortet der grauhaarige Pförtner dienstbeflissen, als weise er seit Jahrzehnten Menschen den Weg zur Homo-Hochzeit im ersten Stock.

Um Punkt 14 Uhr öffnet sich im Konferenzzimmer die schwere Eichentür. Es treten ein: Regierungspräsident Jürgen Roters und das Brautpaar Monika Gräb, weißer Faltenrock und rosa Bluse, und Birgitta Radde, ganz in Türkis und mit goldener Handtasche. Beide werden wenige Minuten später Frau und Frau Schäffler sein. Applaus für das Brautpaar.

"Dies ist ein historischer Tag für Lesben und Schwule - und für unsere Demokratie", eröffnet der Präsident im Blitzlichtgewitter die Zeremonie. Nicht ohne vorher klarzustellen, dass der per Gesetz verordnete Terminus "Verpartnerung" aus seiner Sicht vollkommen überflüssig sei. Egal, ob hetero oder homo: "Das hier ist eine Trauung."

Und so feierlich, wie es sich für eine solche gehört, spricht Roters, Familienvater von drei Kindern, vom "Versprechen, den Lebensweg gemeinsam in Liebe und Vertrauen weiterzugehen" und sich dabei "gegenseitig Beistand zu leisten". Doch zuvor verliest Monika noch ein selbst verfasstes Liebesgedicht "Für meine Frau" - bei dem nicht nur ihrer Frau die Tränen kommen, sondern auch so manchem coolen Pressefuzzi.

"Ich lieb Dich, aus ganzem reinem Herzen, frei von Schmerzen und Qual und Leid. / Jetzt ist die Zeit, in der die Liebe sich im Außen zeigt, frei von Herrschaft und Machtmissbrauch. / Ich lieb Dich, meine Frau, ganz leicht und rein. Ein kriegerischer Akt wird bei uns nie sein. (...) Der Mut, unsere Liebe zu leben, hat uns ein Geschenk gemacht. / Das Geschenk der Freiheit! (...) Es ist recht und würdig sich zu trauen, den Weg des eigenen Herzens zu beschreiten."

Monika, 39, weiß, wovon sie redet. Sie war, genau wie Birgitta, 56, schon einmal verheiratet, wenn auch mit einem Mann. Jetzt also Frau & Frau, also Gleich & Gleich. Die Bräute stecken sich gegenseitig ihre Trauringe an den Finger, und der sichtlich gerührte Roters bittet die Anwesenden darum, "sich zu erheben, um der Feierlichkeit der Zeremonie Ausdruck zu verleihen".

Und dann die entscheidende Frage: "Sind Sie bereit, die Lebenspartnerschaft mit der hier Anwesenden zu begründen, so antworten Sie mit Ja." Das Ja kommt sehr zart von beiden. Und als Roters zum Küssen der jeweiligen Braut auffordert, bringen Monika und Birgitta nur eine rasche Umarmung über sich. Schüchtern lächelnd entschuldigt sich das Paar: "Wir sind das nicht so gewohnt in der Öffentlichkeit."

Dass die Schäfflers - die soeben beide Monikas Geburtsnamen angenommen haben - jetzt Frau und Frau sind, werden die Nachbarn und Freunde in ihrem Heimatort Neunkirchen-Seelstadt im Rhein-Sieg-Kreis wohl erstmals morgen aus der Zeitung erfahren. Auch die Kinder und die geschiedenen Ehemänner wussten nicht, warum die Freundinnen heute nach Köln gefahren sind. Einziger Trauzeuge des Brautpaars ein kleiner Stoffhase, der an Monikas Handtasche baumelt. Eingeweiht war nur Monikas 16-jährige Tochter: "Die steht als Einzige zu mir. Und unsere beiden Beagles."

Seit fünf Jahren kennen sich die beiden Frauen, von denen die eine selbstständig ist und die andere Frührentnerin. Vor zweieinhalb zogen sie ins gemeinsame Reihenhäuschen und mussten feststellen, dass "lesbische Liebe hier als unanständig angesehen wird". Deshalb galt, so Monika, bisher die Strategie: "Wir haben nichts verheimlicht, aber auch nichts öffentlich gemacht. Aber jetzt ist es raus - ob es Familie und Nachbarn passt oder nicht."

Und Birgitta fügt entschlossen hinzu: "Eigentlich sind wir ja verheiratet, seit wir uns das erste Mal gesehen haben. Aber jetzt zeigen wir es auch den anderen. Jetzt müssen die damit fertig werden!"

14.30 Uhr. Eine solche Stimmung hat das nüchterne Kölner Regierungspräsidium wohl noch nie erlebt. Kameraleute hasten über den Gang, lesbische Goldschmiedinnen preisen Trauringe für Frauenpaare an, schwule Reiseunter-nehmer verteilen Prospekte für die homo- sexuelle Hochzeitsreise nach Lesbos oder Mykonos. Und in den Büros stoßen strahlende Sekretärinnen auf die Homo-Ehe an - bahnen sich da bisher ungeahnte Perspektiven an?

Ein frisch getrautes Männerpaar in identischen grauen Flanellanzügen mit Regenbogenfahnen in der Hand und Yorkshire-Terrier Mausi unter dem Arm schreitet im Konfettiregen die Treppe hinab. Ein anderes im grünen und blauen Seidenhemd steigt in einen roten Cadillac mit Chauffeur und braust Arm in Arm von dannen. Und Werner und Herbert, beide über 70 und seit 38 Jahren ein Paar, warten schon seit Jahrzehnten auf ihren großen Tag, der in ihrem Alter nicht nur mit Romantik, sondern auch mit einer geregelten Erbschaft zu tun hat. Sie heiraten comme il faut: ganz in Weiß.

Ganz in Schwarz werden heute Abend Rosa Galiano und Tanja Becker vor den Regierungspräsidenten treten. "Isch bin total nervös", wispert die Bonner Rettungssanitäterin mit dem Augenbrauen-Piercing und dem halb rasierten Hinterkopf in regelmäßigen Abständen und nimmt noch einen tiefen Schluck Sekt. "Isch liebe disch, und dat soll jeder wissen", beruhigt Partnerin Rosa, Krankenschwester und nebenberuflich Model für Lack und Leder.

Neben dreijähriger Liebe ein weiterer Grund für die Hochzeit: Ein Schlüsselerlebnis mit Rosas Tochter Tiziana. Das Mädchen lag vor kurzem nach einem schweren Unfall auf der Intensivstation. "Ich war auf der Arbeit, und Tanja hatte nicht das Recht, das Kind zu sehen. Das war echt heftig!" Wie Tiziana die Hochzeit von Mama und Co-Mama findet? Die Neunjährige stemmt die Hände in die Hüften und kräht: "Voll geil. Dann sind wir endlich eine richtige Familie!"

Zwei Frauen- und zwölf Männerpaare geben sich an diesem historischen 1. August 2001 in Köln das Jawort - unter dem Jubel der Heteros: Der Regierungspräsident hat sogar seinen Italien-Urlaub unterbrochen, um höchstpersönlich die ersten Paare trauen zu können. Und der Drehorgelspieler ist hoch erfreut, "nach 25 Jahren endlich auch mal für homosexuelle Paare zu spielen".

Siegfried Heeg, Standesbeamter aus Bonn-Beuel, ist heute ausnahmsweise mal Trauzeuge: bei Ernst Mehlem und Werner Janik, die vor acht Jahren im Rahmen der "Aktion Standesamt" vergeblich das Aufgebot bei ihm bestellt hatten. Der (mit einer Frau) verheiratete Herr Heeg meint es ernst: "Ich betrachte das als meine staatsbürgerliche Pflicht und Ehre."

Ab Herbst wird der Standesbeamte dann selbst die ersten Homo-Ehen trauen, denn dann wird auch Nordrhein-Westfalen seine Standesämter für Frauen- und Männerpaare öffnen. Dass sich die ersten Paare in NRW nicht in den Rathäusern, sondern bei den fünf Bezirksregierungen des Landes trauen lassen mussten, liegt schlicht daran, dass der Landtag es nicht geschafft hat, die Gesetzesänderung noch vor der Sommerpause zu verabschieden.

Ab Oktober jedoch wird NRW - neben Berlin, Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und dem Saarland - eins der sieben Bundesländer sein, in denen die Homos wie Heteros in den Rathäusern heiraten können.

Die übrigen neun Bundesländer fügten sich der Anordnung aus Karlsruhe, die Eingetragene Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare zuzulassen, verweigerten ihnen aber die Ehre des Standesamts. Sie schicken homosexuelle Paare zwecks Wahrung des "Abstandsgebots zur Ehe" zu anderen "Behörden", zum Beispiel zum Einwohnermeldeamt. Bernhard Vogels Thüringen beordert gar Homo-Paare aus dem gesamten Bundesland nach Weimar, wo sie im Landesverwaltungsamt - dem ehemaligen Gauleiter-Hauptsitz - in ansprechendem Ambiente den Bund fürs Leben schließen dürfen.

Und die Bayern? Ja mei: "Ein schwarzer Tag für die Familien." Stoiber & Co. verbannen Homo-Paare nicht nur ins Hinterstübchen der Notarkanzleien, sondern gehen so weit, sich der Weisung aus Karlsruhe durch schlichtes Ignorieren entziehen zu wollen. Der bayerische Landtag hatte am 1. August das notwenige Ausführungsgesetz ganz einfach noch nicht verabschiedet. Folge: Im Freistaat konnte - noch - nicht geheiratet werden, weder beim Notar noch anderswo.

Deshalb haben die harten Hüter der Geschlechterordnung nun selbst eine Klage am Hals: nämlich die der Tutzinger Rechtsanwältin Maria Sabine Augstein, die den Freistaat auf Schadensersatz verklagt, weil sie ihre Lebensgefährtin Inea Gukema nicht pünktlich zum 1. August heiraten konnte.

Als EMMA 1984 zum ersten Mal mit zwei Bräuten titelte, stand hinter der "Lesben-Ehe" noch ein dickes Fragezeichen. Und der Gedanke musste selbst EMMA-LeserInnen erklärt werden: "Es ist eine Sache, aus wohlerwogenen Gründen gegen die Institution Ehe zu sein, aber es ist eine andere Sache, Menschen zu verbieten zu heiraten.

In einer zwangsheterosexuellen Welt wie der unseren ist und bleibt es eine Unerhörtheit, die homosexuelle Liebe so ernst zu nehmen wie die heterosexuelle", rechtfertigte Alice Schwarzer die auch unter Feministinnen damals nicht gerade populäre Forderung nach der Homo-Ehe. Damit stand EMMA vor 17 Jahren noch weitgehend allein auf weiter Flur.

Aber selbst EMMA schien diese kühne Forderung nach dem "elementaren Menschenrecht" auf die Homo-Ehe eher eine Provokation als eine reale Perspektive. Dass homosexuelle Paare tatsächlich noch zu EMMAs Lebzeiten auf dem Standesamt den Bund fürs Leben würden schließen können - das hätte anno 1984 auch in dieser Redaktion niemand zu hoffen gewagt.

17 Jahre später wurde die Utopie Realität - wenn auch in Deutschland mit reichlich Verspätung im europäischen Kontext. Dänemark öffnete als erstes Land der Welt schon 1989 die Standesämter für Homo-Paare; Norwegen, Schweden und Island folgten zwischen 1993 und 1996; 1998 konnten in den Niederlanden homosexuelle Paare nicht nur heiraten, sondern auch Familien gründen: per Insemination oder Adoption.

Einziger Unterschied zur Hetero-Ehe: Das Adoptionsrecht gilt nicht für ausländische Kinder. Ende 1999 verabschiedete dann das französische Parlament den "Pacte Civile de Solidarité", kurz: PACS, eine Art Mini-Ehe (mit Steuervergünstigungen und Nachzugsrecht für ausländische PartnerInnen, aber ohne Adoption). Der PACS gilt übrigens für Lebensbünde aller Art, also auch für FreundInnen oder Geschwister.

Seit dem 1. August 2001 stürmen also auch in Deutschland Frauen- und Männerpaare Standes- und sonstige Ämter, nicht nur, aber vor allem in den Großstädten. Auch für sie gilt eine Art Mini-Ehe, ohne Adoptionsrecht. So gaben sich um Punkt neun Uhr im Rathaus Berlin-Schöneberg Gudrun Pannier und Angelika Baldow als erstes Berliner Homo-Paar das Ja-Wort. Und in Hamburg schlossen Verena Lappe und Angela Gobelin, die sich eigentlich schon vor zwei Jahren geheiratet hatten, den Bundes-Bund fürs Leben:

Als erstes Paar Deutschlands hatten die beiden sich zur damals noch symbolischen und rechtlich folgenlosen "Hamburger Ehe" vermählt, mit der die Hansestadt der Berliner Regierung Dampf in Sachen Homo-Ehe machen wollte (EMMA 3/99).

Und Petra Ruf mit Frau Silke Burmeister-Ruf und ihren - per Samenspende gezeugten - Kindern Jakob und Anna, die jüngst vor dem Hamburger Landesarbeitsgericht den - bis dato nur Heteros zustehenden - kinderbedingten Ortszuschlag erstritten hatten (EMMA 5/99).

Zu Fanfarenklängen marschierten Verena und Angela, Petra und Silke neben 13 weiteren Paaren in den Innenhof des Altonaer Rathauses, wo die Hansestadt den ersten Hamburger Hochzeitspaaren einen feierlichen Empfang nebst Opernsängerin und Champagner bereitete. Als Trauzeugen fungierte reichlich grüne Prominenz: Gleichstellungssenatorin Krista Sager, Bundessprecherin Claudia Roth und der Bundestagsabgeordnete Volker Beck.

Der parlamentarische "Vater der Homo-Ehe" erlebte an diesem Tag einen ganz persönlichen Triumph, wenngleich er sich auch noch nicht beruhigt zurücklehnen kann. Denn erstens steht die endgültige Bestätigung des "Gesetzes über die Eingetragene Lebenspartnerschaft" durch das Verfassungsgericht noch aus - das hat jetzt erst einmal den Versuch abgelehnt, die Homo-Ehe per einstweilige Verfügung kaltzustellen.

Und zweitens hängt der zweite Teil des Gesetzes, in dem es um so handfeste Vorteile wie Steuervergünstigungen und Hinterbliebenenversorgung geht, noch immer im Vermittlungsausschuss des Bundesrates fest.

Was bedeutet: Zur Zeit handeln Homo-Paare sich mit der "Eingetragenen Partnerschaft" mehr Pflichten als Rechte ein. Allerdings wird gemunkelt, einige CDU-Länder, die das "Ergänzungsgesetz" bisher blockiert haben, hätten nach der positiven Entscheidung aus Karlsruhe neue Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Und auch in der Bevölkerung zeichnet sich ein enormer Gesinnungswandel ab. Die Homo-Ehe? Die war vor wenigen Jahren noch eine Lachnummer. Inzwischen, vermeldet Forsa, finde deutlich mehr als jede und jeder zweite das gut so - und unter den bis 18-29-jährigen sind sogar 82 % der Meinung, dass homosexuell Liebende genauso heiraten können sollten wie heterosexuell Liebende.

Und egal wie's kommt, jetzt wird erst mal "verpartnert", was das Zeug hält. Und demnächst wohl auch wieder "entpartnert". Kaum haben die ersten Paare die eingetragene Partnerschaft fürs Leben geschlossen, taucht schon die Frage nach der technischen Abwicklung der Trennungen auf. Die Presse gibt schon Rechtstipps: "Wie geht die Entpartnerung?"

Die Berliner Rechtsanwältin und Notarin Anne Klein, die schon vor Jahren die ersten Partnerschaftsverträge für gleichgeschlechtliche Paare entwickelte, ist über so viel Gleichberechtigung nicht nur betrübt: "Ich arbeite jetzt seit 25 Jahren als Scheidungsanwältin. Und jetzt hab ich bald die ersten lesbischen Scheidungen. Ist das nicht toll?"

Von Scheidung wollen nicht nur Monika und Birgitta Schäffler heute nichts, aber auch gar nichts wissen. Die Frischvermählten aus Neunkirchen-Seelstadt trinken jetzt erstmal einen "Cappuccino am Rhein". Und dann? "Dann fahren wir nach Hause und ändern unser Klingelschild."

 

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