Der FrauenMediaTurm & die NRW-Regierung
Eigentlich wäre es selbstverständlich die Aufgabe des Staates, die Geschichte der Emanzipation zu dokumentieren: für Forschung, Medien und Politikmachende. In Österreich ist das dem FrauenMediaTurm nachempfundene feministische Archiv Ariadne entsprechend längst Teil der Nationalbibliothek. In den Niederlanden wird das Frauenarchiv Aletta mit sage und schreibe 2,3 Millionen Euro im Jahr gefördert. Und auch die schwarz-gelbe Regierung in Hessen hat die Förderung des „Archiv der deutschen Frauenbewegung“ gerade von 160.000 € auf 202.000 € erhöht.
Gleichzeitig kürzte die rotgrüne „Frauenregierung“ die Mittel für den FMT von 210.000 € im Jahr auf 70.000 €. Welt verkehrt?
Das Archiv konnte über 20 Jahre mit einer großzügigen Anschubfinanzierung von Jan Philipp Reemtsma aufgebaut werden. Danach überlegten die Ministerpräsidenten Clement und Steinbrück, wie der in Köln angesiedelte FMT auf Dauer zu verankern sei – doch beide verschwanden leider nach Berlin, noch bevor sie das umsetzen konnten. Immerhin: Ministerpräsident Clement initiierte eine Spende der Krupp-Stiftung für den FMT. Und Ministerpräsident Steinbrück verlieh mir wohl nicht zuletzt dafür, dass ich das Archiv nach Nordrhein-Westfalen geholt hatte, den „Staatspreis NRW“, die höchste Auszeichnung, die das Land zu vergeben hat.
Die Jahre zwischen 2004 und 2008 verbrachte ich mit der Unterstützung des Archiv-Vorstandes – der Psychologin Ursula Scheu und der Generaldirektorin der Staatsbibliothek zu Berlin, Barbara Schneider-Kempf – u.a. mit dem Kampf um Geld für den FMT. Hier mal eine Spende und da. Das kostet Zeit und Nerven.
Ministerpräsident Rüttgers schließlich setzte die guten Absichten in die Tat um und entschied, dass der Turm ab 2008 für zehn Jahre je 210.000 € im Jahr erhalten soll. Das ist das Minimum zur Aufrechterhaltung des Kernbetriebes: dreieinhalb qualifizierte Stellen sowie die Archiv- und Betriebskosten. Wobei die Anschaffungskosten für das Archiv noch die geringsten sind, weil EMMA dem Archiv seit 1984 Tausende von Büchern und Dokumenten kostenlos überlassen hat und das weiterhin tut.
Im März 2011 erfuhr der FMT überraschend, dass die grüne Frauenministerin Barbara Steffens ihren Anteil über 70.000 € rückwirkend zum 1.1.2011 gestrichen hatte. Und im November zogen die beiden SPD-Ministerinnen Svenja Schulze und Ute Schäfer nach: Sie kürzten ihren Anteil auf die Hälfte – sodass in 2012 gesamt nur noch 70.000 € gezahlt werden. Gerade mal die Betriebskosten. Das wäre das Ende für das Archiv, würden wir nun nicht wieder losrödeln…
Aber auf Dauer ist dieses Betteln für ein Frauenarchiv keine Lösung. Der Staat muss die Verantwortung übernehmen! So wie in Österreich oder in den Niederlanden. Dass ausgerechnet eine rotgrüne „Frauenregierung“ dem FrauenMediaTurm nun den Todesstoß versetzen will, tut besonders weh.
Bei einer parlamentarischen Anfrage im Mai 2011 war die grüne Frauenministerin Steffens sich nicht zu schade, das Parlament zu belügen: Sie behauptete, die Streichung hätte Budgetgründe – in Wahrheit jedoch sind die für den FMT reservierten Mittel an das Frauenkulturbüro in Krefeld verschoben worden. Und neuerdings heißt es aus Düsseldorf, die dem FMT gestrichenen Gelder würden in wichtigere Projekte gesteckt: nämlich in Frauenhäuser. Abgesehen davon, dass auch das nicht stimmt, ist dieses Argument wirklich verblüffend. Ist es einer grünen Frauenministerin denn etwa nicht klar, dass Dokumentation und Erforschung der Ursache häuslicher Gewalt genau so wichtig ist wie konkrete Hilfe? Und dass man beides nicht gegeneinander ausspielen kann? Vor der Frauenbewegung schließlich war die Gewalt gegen Frauen und Kinder nicht nur kein Thema, sie war ein Tabu.
Was also sind die wahren Gründe für die Streichung? Vielleicht der Umstand, dass die NRW-Frauenministerin aus Köln kommt – und die Kölner Grünen selber in den Bayenturm wollten? Sie haben seither das Archiv mit allen Mitteln bekämpft – nicht immer mit fairen.
Es ist auch neu, dass dem Regierungschef von Nordrhein-Westfalen dieses Pionier- und Renommierprojekt zu Köln am Rhein gleichgültig ist. Tatsächlich bin ich in den vergangenen Jahren bei allen NRW-Ministerpräsidenten, unabhängig von deren Parteizugehörigkeit!, mit meinem – ehrenamtlichen - Engagement für die gemeinnützige Stiftung immer auf offene Ohren gestoßen. Ministerpräsidentin Kraft jedoch, der ich seit März 2011 insgesamt sechs, von mal zu mal dringlicher werdende Briefe geschrieben habe, hat es noch nicht einmal für nötig gehalten, mir auch nur einmal zu antworten. Sie persönlich hat es ja auch geschafft.