Alice Schwarzer in anderen Medien

Interview "Welt am Sonntag"

Artikel teilen

Entrechtung von Frauen durch Migranten werde als „andere Sitten“ akzeptiert, rügt Alice Schwarzer – und Unbehagen darüber als Rassismus diffamiert. Das Selbstbestimmungsgesetz der Ampel erklärt sie für „total verrückt“. Es sei ein „Massenphänomen“, dass sich Mädchen fälschlicherweise für trans hielten. Seit den späten 60er-Jahren hat die Journalistin Alice Schwarzer, 81, an fast allen relevanten Debatten der Bundesrepublik teilgenommen, sie mitunter geprägt. 1977 gründete sie die Zeitschrift EMMA.

WELT AM SONNTAG: Frau Schwarzer, Sie sind gewissermaßen Deutschlands erste und prominenteste Feministin. Was hat Sie ehedem dazu gebracht, sich für die Sache der Frauen einzusetzen?
Alice Schwarzer Das fängt mit meiner familiären Prägung an. Ich war kein Wunschkind und bin in Wuppertal und auf dem fränkischen Dorf bei den Großeltern großgeworden. Sie haben praktisch mit vertauschten Rollen gelebt. Meine Großmutter, eine hochpolitische Frau von scharfem Verstand, die die Nazis gehasst hat – was auch nach 1945 in Deutschland nicht unbedingt angesagt war – hat bestimmt, wo es langgeht. Und mein Großvater hat mich gewickelt und gefüttert. Für mich war es also völlig selbstverständlich, dass ein Mann liebevoll und fürsorglich sein kann und eine Frau schwierig und politisch engagiert. Dann bin ich in die Welt hinausgezogen und plötzlich sollte alles umgekehrt sein. Mein nicht enden wollendes Erstaunen über die Absurdität des Patriarchats verdanke ich meiner Familie.

Was bedeutet Feminismus für Sie?
Ganz einfach: Gleichberechtigung. Uneingeschränkte Menschen- und Bürgerrechte für alle und die Aufhebung der Geschlechterrollen. Meine Utopie ist es, dass Männer und Frauen einfach Menschen sind, die sich nach ihren Begabungen und ihren Interessen entfalten können.

Schlagartig berühmt wurden Sie 1971 mit dem Stern-Titel „Wir haben abgetrieben“. Seit 30 Jahren gibt es inzwischen in Deutschland den Kompromiss, wonach Abtreibungen zwar rechtswidrig sind, in den ersten zwölf Wochen aber straffrei bleiben. Nach einer entsprechenden Empfehlung einer Expertenkommission der Regierung wollen SPD, Grüne und Linke den Paragrafen 218 ganz abschaffen. Was bedeutet Ihnen das?
Es ist eine Groteske! Das Recht auf Abtreibung war und ist überall in der westlichen Welt der entscheidende Auslöser für die Frauenbewegung gewesen. Quasi alle unsere westlichen Nachbarländer haben seit Jahrzehnten die Fristenlösung. Frankreich hat das Recht auf Abtreibung jüngst sogar fürsorglich in die Verfassung geschrieben. Bravo!

Und die Deutschen eiern immer noch herum, nachdem sie die Frauen im Osten schon bei der Wiedervereinigung reingelegt hatten. Wir haben immer noch kein Recht auf Abtreibung – nur die Gnade, wenn man artig erklärt hat, warum man es tun will. Die Entmündigung der Frauen bei einer der wesentlichsten Entscheidungen ihres Lebens ist also geblieben. Es ist das Mindeste, dass es in der Ampel jetzt Bestrebungen gibt, das zu ändern. Allerdings ist die FDP ja dagegen. Ausgerechnet. Die waren in den 1970er-Jahren die Speerspitze für das Recht auf Abtreibung.

Vielleicht nicht ohne Grund. In Ländern wie den USA, Polen oder Ungarn sind Abtreibungen inzwischen rigide beschränkt, es werden regelrechte Kulturkämpfe um das Thema geführt. Ist es nicht gefährlich, den gut funktionierenden Kompromiss aufzukündigen und auch bei uns gesellschaftliche Grabenkämpfe zu riskieren?
Gut funktionierender Kompromiss? In Bayern etwa treiben katholische Krankenhäuser nicht ab, und viele Ärzte werden so unter Druck gesetzt, dass sie nicht wagen, Abtreibungen zu machen. In Köln auch. Und die schonende Absaugmethode wird in der medizinischen Ausbildung noch nicht einmal gelehrt. Es ist eine bizarre Argumentation, ein elementares Menschenrecht lieber nicht zu gewähren, als zu riskieren, dass Reaktionäre sich aufregen. Aber vielleicht ziert sich die FDP ja auch nur, weil sie bei Zusage im Gegenzug gerne durch die Hintertür die Leihmutterschaft einführen würde. Solche Spielchen werden auf dem Rücken von Frauen gespielt!

Die Expertenkommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin empfiehlt tatsächlich auch die Legalisierung der Eizellenspende und unter Umständen auch die altruistische Leihmutterschaft. Wie blicken Sie darauf?
Leihmutterschaft ist eine Steigerung der Prostitution. Der Körper einer Frau wird gegen Geld intimst benutzt. Wir haben dazu in der EMMA viel recherchiert. Die Bedingungen dieses Kinderhandels sind ganz und gar unmenschlich. Man kann doch nicht den Körper einer Frau mieten und sie ein Kind zur Welt bringen lassen, dass sie oft nicht einmal sehen darf! Und wenn es behindert ist, sorgt der Vertrag dafür, dass der Kunde das Kind nicht abnehmen muss.

Die sogenannte altruistische Leihmutterschaft für die Schwester oder die Mutter wäre ja nur der Anfang. Sie öffnet die Tür. Auch die Eizellenspende sehe ich kritisch. Ich habe generell eine kritische Haltung zur Fortpflanzungsmedizin. Diesen Machbarkeitswahn finde ich inhuman. Es gibt eben im Leben Grenzen.

Sie sind eine der vehementesten Gegnerinnen der Prostitution. Was halten Sie den Argumenten von so genannten Sexarbeiterinnen entgegen, die ihre Tätigkeit nach eigenen Angaben selbstbestimmt und lustvoll ausüben?
Es gibt, glaube ich, kaum eine Journalistin in Deutschland, die seit über 50 Jahren so viel mit Prostituierten geredet hat wie ich. Von ihnen weiß ich, wie menschenunwürdig diese Prostitutions-Industrie ist. Denn der Kern der Prostitution ist ja der: Der Mann zahlt dafür, dass die Frau tut, was er will. „Am schlimmsten ist, dass wir immer lächeln müssen“, hat mir mal eine gesagt. Die wenigen Luxusprostituierten bzw. Bordellbetreiberinnen müssen sich das natürlich schönreden, sie dürfen ja die Ware nicht mies machen.

Aber das Gerede von der glücklichen Sexarbeiterin ist reine Show. Prostitution ist zutiefst menschenunwürdig – übrigens auch für die Freier. Ich wünsche mir Männer, die Frauen in die Augen schauen und nicht als käufliches Objekt, das sie missbrauchen können. Die Freierbestrafung stoppt die Nachfrage und ist deshalb die einzige Lösung. Es muss eine gesellschaftliche Akzeptanz werden, dass es strafwürdig ist, einen Menschen zur Benutzung seines Körpers und seiner Seele für ein paar Scheine zu kaufen.

Nach den massenhaften Übergriffen muslimischer Männer auf junge Frauen in der Kölner Silvesternacht 2015 haben Sie das Buch „Der Schock“ herausgegeben, in der Sie den eingewanderten Patriarchalismus mit scharfen Worten gegeißelt haben. Seitdem werden Sie als rassistisch und islamophob gegeißelt. Was macht das mit Ihnen?
Von den acht Autoren des Buches sind vier Muslime und Musliminnen. Es ist fünf Monate nach den Ereignissen erschienen, und ich könnte es heute erneut herausgeben, ohne ein Komma zu ändern. Alle Fakten und Analysen stimmen. Ich werde jedoch bis heute noch als islamophob beschimpft, weil ich die Wahrheit benannt habe: nämlich, dass 90 Prozent der Täter illegale Einwanderer aus Algerien und Marokko waren. So ist es. Und wenn wir das ändern wollen, muss etwas geschehen. Doch Ideologie sticht heutzutage oft die Realität. Wir Frauen haben in den letzten 50 Jahren in der westlichen Welt unfassbar viel erreicht. Und auch viele Männer haben sich verändert, schieben Kinderwagen und akzeptieren weibliche Vorgesetzte.

Aber jetzt kommt der Rückschlag, von allen Seiten. Die zu uns Geflüchteten kommen aus Ländern, in denen Frauen rechtlos, nur halbe Bürger sind und Gewalt gegen Frauen und Kinder zu den Sitten gehört. „Diese jungen Männer haben Tausende von Kilometern mit den Füßen zurückgelegt, sie müssen sie jetzt noch mit dem Kopf nachholen.“ Der das sagt, ist der algerische Schriftsteller Kamel Daoud und Co-Autor vom „Schock“. Ihm wurde eine Fatwa verpasst. Das alles haben wir bei der Integration nicht beachtet. Im Gegenteil: Wir akzeptieren die von vielen Zugezogenen hier fortgesetzte Entrechtung der Mädchen und Frauen als „andere Sitten“.

Welche Rolle spielt dabei der Islamismus?
Eine zentrale. Ich beschäftige mich seit der iranischen Revolution 1979 mit dem politischen Islam. Damals bin ich mit einer Gruppe von Frauen in den Iran gereist und habe dort mit vielen Menschen gesprochen, auch mit den Ehefrauen und Töchtern der neuen Machthaber und dem kurz darauf ins Exil gegangenen Ministerpräsidenten. Die meisten waren Intellektuelle, die in Europa studiert hatten. Aber wenn man sie gefragt hat, wie sie mit angeblichen Ehebrecherinnen umgehen würden, haben sie ganz ruhig gesagt: natürlich steinigen. Homosexuelle ebenso.

Der politische Islam hat seine Absichten nie verborgen. Nur der Westen wollte es nicht begreifen. Der politische Islam ist eine Geiselnahme des Glaubens und friedliche Muslime sind seine ersten Opfer. Was ich damals allerdings noch nicht verstanden habe, ist, dass er einen weltweiten Kreuzzug antreten würde, der ab Mitte der 1980er-Jahre mitten in den westlichen Großstädten ankommt. Und die ersten Opfer sind die integrierten Muslime. Und jetzt kommt noch eine neue, steigende Gefahr dazu.

Welche?
Die der allgemeinen Militarisierung unseres Landes. Es ist wieder schick, Krieger zu sein. An der Front wie zu Hause. Auch die Männergewalt in den Familien steigt. Und Umfragen zeigen, dass junge Frauen und junge Männer sich wieder voneinander entfernen. Der Gender Gap wird größer. Das ist kein Zufall.

Was ist Ihre Forderung?
Wir müssen den Zuzug auf politische Flüchtlinge begrenzen. Und versuchen, die Heimatländer der Geflüchteten zu stärken. Die Integration ist sonst nicht zu bewältigen. Man hat ja bereits in den Auffanglagern für die Flüchtlinge die Macht den Islamisten überlassen. Inzwischen sieht man immer häufiger vollverschleierte Frauen, ganz in schwarze Tücher gehüllt, nur mit einem Sehschlitz. Diese Frauen werden begleitet von Ehemännern oder Söhnen in Jeans und T-Shirt. Man stelle sich nur mal vor: Jemand würden einen nackten schwarzen Mann an Ketten durch die Fußgängerzone führen. Da käme sofort die Polizei.

Wenn aber die Männer ihre Frauen so in der Öffentlichkeit herumführen, passiert nichts. Der angebliche Antirassismus, der solche Praktiken akzeptiert, ist schlicht menschenverachtend. Und wenn jegliches Unbehagen an den patriarchalen Auswüchsen einer Kultur als Rassismus bezeichnet wird und der gesunde Menschenverstand schon als rechts gilt, dürfen wir uns nicht wundern, wenn die Gesellschaft nach rechts abdriftet.

Sie tragen das Label der islamophoben Rassistin also mit Würde?
Ich bin stolz darauf! Die Geschichte gibt mir jetzt schon recht. Aber darüber kann ich mich leider nicht freuen.

Viele der heutigen Feministinnen begreifen sich als woke. Wie blicken Sie auf diese Bewegung?
Ich halte den Islamismus für den zentralen Antrieb der linken Woke-Bewegung an den Universitäten der westlichen Welt. Der politische Islam agitiert da seit Jahrzehnten, ausgestattet mit Milliarden Petrodollars aus Saudi-Arabien und anderen Öl-Ländern. Man wundert sich jetzt über den Antisemitismus dieser Kreise. Dabei ist der überhaupt nicht neu. Die Palästinenser sind für die Linke seit Jahrzehnten die neuen „Verdammten dieser Erde“, nachdem ihnen das Proletariat abhandengekommen ist. Entsprechend propalästinensisch um jeden Preis und antisemitisch sind sie.

Sie engagieren sich sehr prominent gegen das Selbstbestimmungsgesetz, wonach jeder Mensch künftig per Selbstauskunft bestimmen kann, welchem Geschlecht er angehört. Warum halten Sie das Gesetz für gefährlich?
Ich kämpfe schon mein ganzes Leben für den Abbau von Geschlechterrollen. Aber auch für den Abbau von Illusionen und die Akzeptanz der Realität. Es gibt nun mal nur zwei biologische Geschlechter, XX oder XY. Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin schon Anfang der 80er-Jahre für die Rechte von Transsexuellen eingetreten. Ich war hoch sensibilisiert für den Schmerz und die Verzweiflung dieser Menschen, die ihren Körper zutiefst ablehnten und ihre Geschlechtsmerkmale ausradieren wollten um jeden Preis. Echte Transsexuelle waren aber immer nur eine extreme Minderheit. 1990 waren es nach einer Zählung gesamtdeutsch amtlich registriert 1100 Menschen.

Inzwischen haben wir es mit einem Massenphänomen zu tun. Zehntausende junge Frauen stürmen in Scharen die Therapiepraxen und behaupten, in ihrem angeborenen Geschlecht falsch zu sein. Meines Erachtens steckt dahinter ein Unwohlsein mit der rosa Geschlechterrolle – verständlicherweise! –, nicht mit dem biologischen Geschlecht. Ich möchte diesen jungen Frauen zurufen: Du hast dich in deine Freundin verliebt? Du spielst gerne Fußball? Wo ist das Problem! Lebe, wie du leben willst! Du bist zwar biologisch weiblich, aber ein freier Mensch. Stattdessen hat die Ampel allen Ernstes ein Gesetz verabschiedet, wonach man ab 14 Jahren zum Rathaus gehen und sein Geschlecht wechseln kann. Und das jedes Jahr wieder neu. Das ist doch total verrückt.

Aber gibt es nicht auch eine Geschlechtsidentität? Viele Menschen identifizieren sich zum Beispiel als nonbinär, als weder weiblich noch männlich.
Was soll das heißen, nonbinär? Es ist ja durchaus wünschenswert, dass ein Mensch sich nicht in erster Linie als Frau oder Mann empfindet, sondern als Mensch. Und selbstverständlich haben auch biologische Frauen sogenannte männliche Anteile und Männer „weibliche“. Auch Frauen können denken, und auch Männer können weinen. Dass es diese starren Geschlechterrollen gibt, das ist ja nicht angeboren, sondern anerzogen. Wir Feministinnen waren die Ersten, die dagegen angegangen sind. Also nonbinär sein ist schlicht menschlich. Dazu braucht es keine neuen Etiketten und Schubladen. Die sind absurd.

Gilt das auch für die Identitätspolitik als solche?
Jeder Mensch hat mehrere Identitäten, ist vielfältig, fluid. Doch in der aktuellen woken Debatte wird so getan, als hätte jeder Mensch eine ihn umfassend definierende Identität, die ihn von allen anderen strikt unterscheidet und in deren Namen nur er sprechen darf. Diese ganze Identitäts-Ideologie zielt darauf, Menschen zu trennen, statt sie zu versöhnen und zusammenzuführen. Das ist das Gegenteil der Utopie einer Feministin wie mir.

Die Frauenbewegung hat sich über die Trans-Frage regelrecht zerlegt. Feministinnen, die auf der biologischen Zweigeschlechtlichkeit beharren, werden inzwischen als „TERFs“ gebrandmarkt, als transexklusive Radikalfeministinnen. Was sagen Sie dazu?
Nicht alles, was sich Feministin nennt, ist auch eine. Feministisch gesehen kann es eigentlich nur eine Antwort geben: Die wissenschaftliche Tatsache zu leugnen, dass es nur zwei biologische Geschlechter gibt, ist zunächst einfach nur dumm und peinlich. Hier werden Sex und Gender verwechselt: das biologische Geschlecht und die kulturelle Geschlechterrolle – davon gibt es in der Tat viele. Frauen werden in weiten Teilen der Welt aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert, unterdrückt und entrechtet. In Afghanistan kann das Frau-Sein sogar das Leben kosten. Wir reden heutzutage ja viel über kulturelle Aneignung.

Im Grunde gibt es keine größere kulturelle Aneignung als die Trans-Ideologie. Eine Frau, die zum Beispiel 30 Jahre als „Mann“ gelebt hat, die ist wegen einer Hormonbehandlung oder einer Brustamputation noch lange kein echter Mann. Und die Sache mit dem „Deadname“ ist eine Manipulation. Gerade die doppelten Erfahrungen sind ja sehr interessant. Eine amerikanische Wissenschaftlerin hat darüber geschrieben.

Sie waren früher lange Jahre mit dem Franzosen Bruno Pietszch zusammen, leben aber seit über 30 Jahren mit ihrer Partnerin Bettina Flitner, die Sie 2018 geheiratet haben. Öffentlich thematisiert haben Sie Ihre Bisexualität aber erst spät. Warum?
Es gibt großartige exhibitionistische Autorinnen. Ich bin es nicht. Ich habe eine große Scheu, von mir selbst zu sprechen. Die ist verstärkt worden durch meine sehr öffentliche Existenz. Ich wollte auch kein Futter zur Psychologisierung liefern.

Ihr Bündnis mit Sahra Wagenknecht gegen Waffenlieferungen an die Ukraine hat viele überrascht. Wagenknecht ist eine sehr strenge, beinahe humorlose Person. Das kann man von Ihnen nicht behaupten. Wie kommen Sie dennoch aus?
Wir sind uns für diese Aktion erstmals begegnet und stehen seitdem in lockerem, freundschaftlichen Kontakt. Natürlich hat mich das öffentliche Bild, das sie abgibt, immer schon amüsiert: dieses Strenge, Unverbindliche, Intellektuelle. Das finde ich mutig. Vor allem ihr klarer Protest zum Krieg hat mit imponiert.

Deshalb habe ich ihr vorgeschlagen, zur Friedensdemonstration am 25. Februar 2023 zusammen aufzurufen. Wir haben unsere jeweilige Anhängerschaft also zusammengeworfen – und weit darüber hinaus. Dass so unterschiedlich Frauen wie wir in dieser Frage zusammengehen, war ein Signal – auch für die Medien. Ich halte Sahra Wagenknecht für absolut integer und glaubwürdig – auch wenn sie als Berlinerin nicht so eine rheinische Frohnatur ist wie ich.

Das BSW ist die erste Partei, die den Namen der Parteichefin im Titel führt. Finden Sie dieses Führerinnenprinzip nicht befremdlich?
Ich finde das großartig! Diese Hybris sind wir bei Männern total gewöhnt, und ich gratuliere der Frau, die sich das traut! Das imponiert mir auch feministisch gesehen.

Wenn Sie zurückschauen auf Ihr Leben: Würden Sie sagen, Sie waren erfolgreich?
(lacht) Und wie! Es wäre ja arrogant, wenn ich das leugnen würde. Ich bin stolz darauf, dass ich inzwischen sogar mehreren Generationen von Frauen Mut gemacht habe. Das sagen sie mir jedenfalls immer wieder: in Briefen, auf der Straße, bei Lesungen. Und auch so manchem Mann. Es ist ein enormes Lebensglück, dass ich so viel zu einer besseren Welt beitragen konnte und kann.

Das Interview erschien zuerst in der Welt am Sonntag. Das Gespräch führte Sabine Menkens.

 

Artikel teilen
 
Zur Startseite