Pornografie & Frauenhass
Seit der weitgehenden Legalisierung von Pornografie durch die Sexualstrafrechtsreform 1975 werden wir von einer stetig steigenden Flut von Gewaltpornos und einer durchgehenden Pornografisierung der Medien überrollt. Dabei sind Gewalt propagierende Pornografie und sexualisierte Gewalt schier unlöslich miteinander verknüpft. Auf den frühen Protest von Feministinnen dagegen wurde stereotyp erwidert, die Pornografie sei nicht nur ein unverzichtbarer Teil von "Meinungsfreiheit" bzw. "Kunst", sie sei auch eine Art Ventil zur "Triebabfuhr". Es gäbe also nicht nur keinen Zusammenhang zwischen Pornokonsum und sexueller Gewalt, es gäbe, dank Pornos, sogar weniger sexuelle Gewalt.
1978 ging EMMA mit der Stern-Klage, deren Anfänge nachfolgen geschildert werden erstmals in die Offensive. Seit den 80ern veröffentlichte EMMA zahllose Berichte über einschlägige Erfahrungen und wissenschaftliche Untersuchungen, die die destruktiven Folgen von Gewaltpornografie vor allem in den noch so formbaren Köpfen der jungen Männer nachwiesen. 1987 forderte EMMA mit ihrer PorNO Kampagnen ein neues Anti-Porno-Gesetz, doch das dadurch ausgelöste Hearing in Bonn blieb folgenlos. Die Wellen schlugen erneut hoch, als ich 1993 meine exemplarische Analyse der Fotos von Helmut Newton veröffentlichte.
Ist die (Gewalt)Pornografie dank solcher Kampagnen weniger geworden? Nein. Sie ist - dank neuer Medien, Milliardengewinnen der Pornoindustrie und Indifferenz (wenn nicht Komplizität) der Macher in Medien und Politik - mehr geworden. Aber eines haben wir erreicht: In keinem vergleichbaren Land wird heute so relativ differenziert und kritisch über Pornografie diskutiert wie in Deutschland.
Auszug aus "Alice im Männerland" (Kiepenheuer & Witsch, 2002)
Weitelesen
Die Stern-Klage (EMMA 7/1978)
Pornografie propagiert Gewalt (EMMA 12/1987)
Newton: Kunst oder Pornografie (EMMA 6/1993)
Der Mythos Sexualität (Der große Unterschied, 2000)
EMMA Kampagne PorNO!