Helden dürfen keine Menschen sein
An der Stelle habe ich abgeschaltet und noch so ein bisschen über die Welt des Profi-Fußballs nachgedacht, die mir eigentlich recht fremd ist. Ein großes Mitleid mit den Spielern und Trainern überkam mich. So viele Vereine, so viele Länder – aber immer darf es nur einen Sieger geben: Und das sind WIR! Grausig, dachte ich. Wie mögen die Spieler sich wohl fühlen. Spaß kann das ja schon lange nicht mehr machen.
Nun hat der Tod von Robert Enke ein grelles Licht auf die Einsamkeit und Angst des Torwarts geworfen. Wenige Stunden zuvor gab Bayern-Manager Hoeneß der Welt ein Interview, und da tönte der Boss schon wieder vollmundig: "Der Trainer muss es schaffen, alle bei Laune zu halten!" Muss. Alle. Bei Laune. Auch von 27 Millionen Euro waren en passant die Rede, mit der Real Madrid den Jan Klaas Huntelaar gekauft hatte…
Nein, für die Angst eines Tormanns ist in dieser Welt des Erfolgdrucks, der Spitzenleistungen – und Spitzengeschäfte kein Platz.
Da können die Fußballer – und mit ihnen die Fans! – nur hoffen, dass sich in der Welt des Fußballs das Denken und Fühlen eines Theo Zwanzigers durchsetzt. Der Präsident des Deutschen Fußballbundes hatte immerhin die Gradlinigkeit, das "Überlegenheitsdenken mancher Männer" und das "Martialische" anzusprechen, das alles leugnet: die Angst vorm Versagen, die Traurigkeit oder auch die Homosexualität, kurzum: das Menschsein.
Doch Helden, die keine Menschen mehr sein dürfen, erstarren – und brechen bei der ersten schweren Welle. Depressionen. Insgesamt sollen rund vier Millionen Menschen allein in Deutschland darunter leiden. Doch obwohl Frauen doppelt so häufig Depressionen haben, sagt die Wissenschaft, nehmen Männer sich dreimal so oft das Leben deswegen. Nicht mitgerechnet die, die sich zu Tode saufen. Denn hinter jedem dritten Alkoholiker verbirgt sich ein depressiver Mann.