Bin Laden, Gaddafi und ein Café
Im Schatten dieser Ereignisse wird derweil kaum beachtet in Libyen weiter gestorben. Auch da hat der Westen, allen voran Frankreich und Großbritannien, Öl ins Feuer gegossen (Und Deutschland hat sich zu recht enthalten!). In den Flammen steht nun ein Volk in einem Bürgerkrieg, in dem niemand mehr weiß, wer auf wen schießt. Nur eines scheint gewiss: Die westlichen „Befreier“, die doch angetreten waren, um „den Luftraum zu kontrollieren“, jagen längst auch gezielt Staatschef Gaddafi (den sie jüngst noch bei Hofe empfangen hatten).
Dass dabei Kollateralschäden passieren – wie ein toter Gaddafi-Sohn, der nichts mit der Politik seines Vaters zu tun hatte, oder zwei tote Enkelkinder -, dafür hören wir jetzt noch nicht einmal mehr ein Sorry. Es gilt das Gesetz des Stärkeren. Und wo das herrscht, haben Menschlichkeit und Rechtsprinzipien nichts mehr verloren.
In dem Café in Marrakesch sind 16 Menschen hochgebombt worden. Ich kenne das Café gut. Ich habe selber dort schon gesessen. Es ist einer der schönsten Plätze in dieser 1001-Nacht-Stadt, die schon lange entstellt ist vom Elend und der daraus geborenen Prostitution von vor allem Kindern (für die pädophile Klientel!) und Frauen für die westlichen Freier. Es ist das Stammcafé einheimischer Intellektueller und Touristen. Diese Toten dort gehen anscheinend auf das Konto der al-Qaida-Gruppe Maghreb, die in der Sahara ihren Stützpunkt hat. Wetten, dass dank der Killeraktion in Abbottabad in der islamischen Welt das Ansehen dieser Mord-Brüder eher gestiegen ist?
Von Tunesien redet inzwischen niemand mehr. Die haben im Rücken die Islamisten-Bande in der Wüste und vor sich die europäischen Demokratien. Wir aber scheinen ganz vergessen zu haben, dass Nordafrika eigentlich zu Europa gehört. Die nördlichen und südlichen Anrainerstaaten am Mittelmeer sind traditionell ein Kulturraum, Neapolitaner und Algerier waren einst Cousins. Die historische Grenze zu Schwarzafrika verläuft in den Bergen und Wüsten südlich des Maghreb.
Um eben diesen Maghreb – um Tunesien, Algerien und Marokko – müssten wir uns kümmern und die wirklich demokratischen Entwicklungen unterstützen, statt weiterzubomben. Oder geht es in Wahrheit mal wieder nur um Machtspielchen und Neokolonisation?
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