Alice Schwarzer schreibt

Die neue Weiblichkeit

Artikel teilen

Nicht zufällig läuft die Linie der stärksten Auseinandersetzungen, auch unter Feministinnen, entlang dieser Front. Auch die Frauenbewegung war sich nur im Moment des Aufbruchs einig, zerfiel dann aber rasch in zwei große Lager (das war historisch schon so): in hie Differentialistinnen und da Anti-Differentialistinnen. So heißt das heute. Früher hießen sie Biologistinnen und Anti-Biologistinnen oder Reformistinnen und Radikale. Doch immer geht es dabei um dieselbe fundamental verschiedene Grundauffassung.

Die Differentialistinnen sind überzeugt von einem irreversiblen, erhaltenswerten Unterschied zwischen den Geschlechtern (und damit zwischen Menschen überhaupt). Die Universalistinnen glauben an eine ursprüngliche und erstrebenswerte Gleichheit der Geschlechter (und damit aller Menschen). Woraus sich zwangsläufig ergibt: Wenn alle Menschen von Geburt aus gleich sind, so sind auch die Menschenrechte unteilbar.

Ich stehe in der Tradition der Universalistinnen. Alle meine politischen Positionen von der Hausarbeit bis zum Waffendienst ergeben sich zwangsläufig aus dieser Grundhaltung. So war es selbstverständlich für mich, die Renaissance der Weiblichkeit von Anbeginn an kritisch zu begleiten. Dazu gehört die Analyse der Konstruktion von Männlichkeit und Weiblichkeit ebenso wie die Entlarvung des Versuchs einer Feldbuschisierung unserer Gesellschaft.

Veröffentlicht in "Alice im Männerland - eine Zwischenbilanz" (Kiepenheuer & Witsch, 2002).
 

Weitere Texte zum Weiblichkeitswahn
Die Feldbuschisierung (EMMA 5/2001)
Moderne Verschleierung (EMMA 1/2003)

Artikel teilen
 
Zur Startseite